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Oft werde ich von meinen Mandanten gefragt, wieviel die Praxis denn Wert sei. Meine etwas lapidare Antwort lautet dann oft, eine Arztpraxis oder auch der Anteil an einer Gemeinschaftspraxis ist so viel Wert, wie jemand bereit ist dafür zu zahlen.

Kaufpreisverhandlungen entwickeln meist ihre eigene Dynamik und nicht immer ist nur der reine Kaufpreis entscheidend. In der Praxis wird der Kaufpreis beim Einstieg in eine große Berufsausübungsgemeinschaft in der Regel von den Gesellschaftern vorgegeben. Hier besteht selten Verhandlungsspielraum. Insbesondere wenn in alten Verträgen noch Wertklauseln verankert sind.

Grundsätzlich sollte sich der Kaufpreis jedoch am fairen Wert orientieren. In der Praxis und Rechtsprechung hat sich hier die modifizierte Ertragswertmethode etabliert. Bevor man also in die Kaufpreisverhandlung startet ist es wichtig, dass der Abgeber alle betriebswirtschaftlichen Unterlagen offen legt. Dies sind mindestens eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), der Jahresabschluss oder die BWA des Vorjahres, das Inventarverzeichnis, ein vollständiges Personalverzeichnis und die letzte Abrechnung der Kassenärztlichen Vereinigung. Darauf basierend sollte eine Basispraxisbewertung erstellt werden, um eine maximale Kaufpreisspanne im Vorfeld für sich selbst festzulegen.

Wie sollte man also im (ersten) Gespräch vorgehen? Welche Aspekte gibt es?

  1. Der Abgeber nennt immer zuerst seinen Preis!
  2. Welche anderen Aspekte sind dem Abgeber noch wichtig? Dies kann z.B. eine weitere Anstellung sein. Viele niedergelassene Mediziner streben einen Ausstieg in Etappen an.
  3. Der Wert des Inventars wird oft überschätzt. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Die Praxis ist meist das Lebenswerk.
  4. Gibt es mehrere Interessenten oder möchte z.B. ein MVZ nur den KV-Sitz übernehmen?
  5. Die Sympathie zwischen Abgeber und Käufer ist je nach Konstellation durchaus wichtig. Auch daher macht es Sinn zusammen mit einem Berater in die Verhandlungen zugehen. Dieser kann dann bei Diskrepanzen und schwierigen Punkten ruhig als Sündenbock dienen.

Im Ergebnis bildet der faire Wert nur selten den tatsächlichen Preis ab. Eine sehr gut laufende und profitable Hausarztpraxis auf dem Land ist trotz eines stabilen und hohen Gewinns oft gar nicht mehr verkaufbar. Auf der anderen Seite erlebe ich es oft, dass eigentlich durchschnittliche oder runtergewirtschaftet Facharztpraxen in gesperrten Gebieten viel zu teuer verkauft werden.

Findet man eine Praxis die zwar basierend auf den reinen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen relativ teuer ist, aber andere Kriterien wie ein möglicher Ausbau des Privatpatientenanteils oder auch der kurze Fahrtweg vom eigenen zu Hause vorliegen, so sollte man den Kauf nicht an ein „paar“ Tausend Euro scheitern lassen. Das Zinsniveau ist trotz der seit Jahresbeginn gestiegenen Zinsen historisch gesehen noch relativ niedrig und über die allgemeine Finanzierungsdauer von +/- 15 Jahren relativiert sich hier die Belastung.